KONZEPT UND DURCHFÜHRUNG:
Betty Schiel | Häuserl Film
Die Grundidee besteht darin, ein hochkarätiges Filmangebot für Inhaftierte im Gefängnis anzubieten und mit den Insassinnen über die künstlerische Arbeit in einen Dialog zu kommen. Dazu werden Künstlerinnen eingeladen, ihre Arbeit zu diskutieren und direkt mit den Gefangenen an einem Filmprojekt zu arbeiten. Inhaltlich ist das Programm sorgfältig für den jeweiligen Ort ausgewählt, sodass alle Beteiligten aus der sehr ungewöhnlichen Situation große Inspiration gewinnen.
Der Alltag im Gefängnis ist von großer Monotonie geprägt. Zum Teil sind die Menschen über einen sehr langen Zeitraum dort inhaftiert. Das führt zu einer psychischen Abstumpfung und einem generellen Desinteresse an ihrer Umwelt. Mit dem geplanten Kultur-Programm erleben die Inhaftierten eine für sie unbekannte kreative Ansprache; über die Brücke des Films soll nicht nur eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung angeboten werden, sondern das Denken, Fühlen und kreative Schaffen gefördert werden:
Film-Workshop für Frauen in der JVA Gelsenkirchen und Präsentation/Performance „Die Gräfin“ in Kooperation mit der JVA Gelsenkirchen und Fidena – Figurentheater der Nationen
TERMINE:
1) 28./29. November 2017 – Workshop und Filmdreh in der JVA, Dauer: 14 Stunden
2) 15. Dezember 2017 – „Die Gräfin im Knast“ (Kurzfilm-Präsentation / Performance / Diskussion) Dauer: 3 Stunden
Der Workshop ist konzipiert für ca. 15 weibliche Inhaftierte der JVA Gelsenkirchen. Gemeinsam soll in einem zweitägigen Workshop ein Kurzfilm entstehen, dessen Inhalt gemeinsam mit allen Beteiligten erarbeitet wird. Ausdrücklich sollen die Themen von den Insassinnen gesetzt werden.
Aus diesem Grund werden wir in dem Workshop eine fiktive künstlerische Figur einbauen: DIE GRÄFIN. Die Gräfin ist eine Handpuppe die die Figurenspielerin Stefanie Oberhoff entwickelt hat. In unserer Geschichte wird die Gräfin (unschuldig!) inhaftiert. Sie lernt die anderen Gefangenen kennen, und aus dem gemeinsamen Alltag wird unsere Geschichte entwickelt. Am ersten Tag werden die Workshop-Teilnehmerinnen selbst einfache Puppen (alter egos) bauen und einsetzen, die dann mit der Gräfin in Kontakt treten. Über diesen Kunstgriff entsteht die nötige Distanz zur eigenen Biografie und Spaß an der Sache, die über die eigentlich tragische Lebenssituation im Gefängnis hinweghilft und dennoch eine gewisse Wahrhaftigkeit und Authentizität gewährleistet. Nun werden die Charaktere der Figuren ausgearbeitet und die Geschichte(n) entwickelt. Sobald die Puppen in Aktion sind, wird das Geschehen gefilmt. Der technische Aufwand soll niedrig gehalten werden. Hauptziel ist mehr die gemeinsame Arbeit, die den Teamgeist anregt als das filmische Endprodukt.
Nach dem Workshop-Teil wird der Film von Lisa Domin geschnitten. An einem zweiten Termin im Gefängnis folgt dann die große Präsentation des Kurzfilms für alle interessierten Inhaftierten. Zu dem Termin werden auch ehrenamtliche Helfer/innen und Bedienstete der JVA eingeladen. Nach der Kurzfilm-Präsentation erfolgt eine professionelle Puppentheater Performance von Stefanie Oberhoff mit der Gräfin, musikalisch begleitet am Akkordeon von der Goldenen Lilith. Diese Performance gibt es bereits, wird aber inhaltlich auf die Gefängnis-Situation ausgearbeitet, die der Gräfin ja bereits bestens aus dem vorangegangenen Workshop bekannt ist. Nach der Performance wird gemeinsam mit den Insassinnen über die Inhalte, den Film und die Performance diskutiert.
PERFORMANCE: DIE GRÄFIN
Hoher Besuch in der JVA Gelsenkirchen wird vermeldet. Die Gräfin muss eine Haftstrafe antreten. Höchst persönlich lädt zu ihrer Personalityshow. Doch Achtung! Trotz der adeligen Herkunft und schwierigen juristischen Situation wird kein Blatt vor den Mund genommen: Stuttgarts kettenrauchende Kult-Oma, enfant terrible und Wappenfigur renommierter Festivals plaudert und musiziert launisch über Terror, Suizid, Mode, Zerstörung, Knast und psychische Belastbarkeit.
Spiel: Stefanie Oberhoff
Musik: Die Goldige Lilith
DIE KÜNSTLERISCHEN AKTEURE:
Betty Schiel - Regie und Projektleitung:
Filmwissenschaftlerin (M.A.), Filmemacherin, Kuratorin und Journalistin. Sie arbeitet seit 20 Jahren in Filmprojekten in diversen Funktionen als Programmacherin, Regisseurin und im Projektmanagement. Mit Stefanie Oberhoff realisierte sie gemeinsam den Fidena Alarm, ein Videoprojekt als aufwändige Theater-Guerilla-Aktion im öffentlichen Raum. Mit Lisa Domin leitete sie zuletzt den Film-Workshop für jugendliche Migrant_innen im Rahmen des Theaterprojekts Sugar Snap Paradise des Labsa Ensembles.
Lisa Domin - Kamera und Schnitt:
Bildende Künstlerin mit den Schwerpunkten Film und Fotografie.
Meisterschülerin von Dörte Eißfeldt, Hochschule für Bildende Künste Braunschweig.
Weitere Tätigkeitsfelder: Organisation im Kulturbereich, Kuratieren von Filmprogrammen, Video-Workshops, Projektleitung. Geboren 1983 in Iserlohn, lebt und arbeitet seit 2012 im Ruhrgebiet, zuvor u.a. in Istanbul, Budapest, Worpswede und Berlin.
Stefanie Oberhoff - Puppenspiel/Puppenentwicklung:
Bühnenbildnerin, Figurenspielern, Regisseurin
Organisation internationaler Kulturprojekte, Bühnenbildstudium an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste, Stuttgart. Seit 1989 Ausstattungen für Theater, Figurentheater, Film und Fernsehen. Seit 2005 Organisation internationaler Kulturprojekte an der Schnittstelle Bildende Kunst, Figurentheater, Animation und Soziale Intervention.