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Die Goldene Regel, nach der man sich seinen Mitmenschen gegenüber so verhalten soll, wie man selbst behandelt werden möchte, findet sich in allen Traditionen. Ebenso die Forderung, dass alle Menschen menschlich behandelt werden müssen, und Werte wie Gewaltlosigkeit, Gerechtigkeit, Wahrhaftigkeit sowie Partnerschaft von Mann und Frau. Themen, die ebenso in einem Gefängnispräsent sind.

Dieser gemeinsame Wertekanon findet seinen Niederschlag in der Wanderausstellung mit 15 Tafeln, die von der Stiftung Weltethos konzipiert und realisiert wurde. In der JVA Herford war die Ausstellung bis Anfang April 2019 zu Gast. In der Vorbereitung werden Gefangene zu “Guides” ausgebildet, die die Bediensteten und Mitgefangenen durch die Ausstellung führen und Rede und Antwort stehen. Initiatoren dieser Ausstellung sind der katholische Gefängnisseelsorger Michael King zusammen mit dem evangelische Gefängnisseelsorger Stefan Thünemann. In Zusammenarbeit mit dem “Integrationsdienst”, dem erziehungswissenschaftlichen Dienst und dem Imam Marian Drees des Verbandes “Shems” soll in diesem Rahmen ein Zeichen für Integration und Toleranz gesetzt werden.

Im Jahr 1990 publiziert Küng bereits seine Gedanken zum “Projekt Weltethos”; 1993 entwirft er die “Erklärung zum Weltethos” des Parlaments der Weltreligionen; 1995 gründet er die Stiftung Weltethos. Seither ist viel geschehen. Die Stiftung mit Sitz in Tübingen fördert den Dialog der Religionen und Kulturen mittels Forschung, Bildung und Begegnung. Sie setzt sich ein für eine kulturübergreifende Werteerziehung, für ethische und interkulturelle Kompetenz in Wirtschaftsunternehmen, für eine in Recht und Ethos verankerte internationale Politik. Ziel all dessen ist: “Kooperation und Integration statt gewaltsamer Konfrontation!”

Dieses Moto ist hoch aktuell in einem Jugendgefängnis. Treffen hier besonders die verschiedenen Kulturen, Sprachen und Religionen aufeinander. Auch wenn es den Anschein erweckt, dass die Religion oder Konfessionen weniger eine Rolle spielen, so sind sie doch Thema. Ebenso gibt es im Gefängnis die Tendenz, sich neu als „Gruppe“ zusammen zu schließen und ein angebliches „Wir“ gegen das System zu bilden. Demgegenüber wollte die Ausstellung ein anderes Bild vermitteln und ermutigen zu den Unterschieden zu stehen, aber eben auch die Gemeinsamkeiten zu betonen.
JVA-Berufsschüler und Bedienstete haben die Ausstellung in verschiedenen Führungen angesehen. Sie soll helfen, Konflikte in der JVA, die mit Religion und allgemein zu tun haben, anders zu lösen.

In den Dialogen an den einzelnen Ausstellungsfrage war eine Bemerkung, wohin Jesus wohl in unsere heutige Zeit kommen würde. Einer der Gefangenen meinte sofort, er würde sicher in den Knast kommen, weil da Menschen leben, die eine gebrochene Geschichte haben. Nicht nur dies ist angesprochen worden. Das Verhältnis der Geschlechter und partnerschaftliches Miteinander wurde ebenso diskutiert. Dazu der Imam: „Die Frau unseres Propheten hatte eine Ehefrau, betrieb selbst Handel und war in dieser Hinsicht gleichberechtigt.“

Einfache Weltbilder, die in manchen Aussagen von Gefangenen und Bediensteten transportiert werden, sind oft nicht haltbar. Die Ausstellung trug dazu bei, fundiertes Wissen zu bekommen.

Michael King | www.jva-herford.nrw.de