Der 5. Tag des Programmes, der 26.02.2020, stellte dabei den Höhepunkt dar, indem die zehn Projektbeteiligten, sowie 61 weitere freiwillig teilnehmende Gefangene auf den KZ- Zeitzeugen Herrn Harry Rothe trafen.
Harry Rothe wurde als Sohn jüdischer Eltern 1937 in Amsterdam geboren, wo er neben seiner ein Jahr jüngeren Schwester, ebenfalls KZ- Überlebende, inmitten einer schönen Kindheit aufwuchs. Als die deutsche Wehrmacht 1944 in den Niederlanden einmarschierte, wurden Herr Rothe und seine Schwester zunächst in das KZ- Bergen- Belsen gebracht. Dort wurden 56.000 Juden auf dem Raum für ehemals 7000 Soldaten untergebracht. Darauffolgend wur-den sie in das KZ- Theresienstadt deportiert und 1945 von der sog. Roten Armee befreit. Heute ist der 83- jährige pensionierter Vorsitzender der jüdischen Gemeinde Detmold- Herford.
Anschließend an die Erzählungen der Lebensgeschichte mit dem Fokus auf seiner Kindheit in Deportation, wendeten sich die projektbeteiligten Gefangenen mit eigens im Kollektiv erarbei-teten Fragen an den KZ- Zeitzeugen. Besonders die Frage eines jungen Inhaftierten, ob es für Herrn Rothe auch ein nachhaltig positives, wenn auch kleines Ereignis innerhalb der KZ- In-haftierungen gab, brachte den Mann zu längerem Nachdenken. Schließlich beantwortete er die Frage jedoch mit einem entschlossenen „Nein“.
Nachdem Herr Rothe den Gefangenen einen tiefen Einblick in seine persönliche, vom Anti-semitismus geprägte Geschichte ermöglicht hat, verwies der Anstaltsleiter Friedrich Wald-mann zufrieden auf die einzigartige gebannte Stille unter den Jungen, „welche nur Sie ge-schaffen haben, Herr Rothe“. Denn gerade in Zeiten, wo sich erschreckende Parallelen zu der Zeit des Nationalsozialismus und heute erkennen lassen, ist es wichtig, dass man aktiv gegen das Vergessen angeht. So, wie auch der Holocaust Überlebende Max Mannheimer formulierte: „Ihr seid nicht verantwortlich für das, was geschah aber, dass es nicht wieder geschieht, dafür schon.“
Text: Romy Heinrich